Facebook Marketplace: Jetzt geht´s Ebay an die Gurgel

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Facebook Marketplace
Screenshot Marketplace

Wenn ich mir mein Interesse für das große blaue Social Media Monster anschaue, dann muss ich feststellen: Vom steten Tagesbegleiter, der es mal war, hat sich das ganze eher zu einem Ärgernis entwickelt – mit einer Ausnahme: Der Facebook Marketplace – und da im besonderen eine Gruppe – quasi betriebsbedingt – die Second-Hand-Musikinstrumente. Es ist gar nicht wirkliches Kaufinteresse, sondern eher Zeitvertreib und Marktinteresse.

Gestartet habe ich mit Facebook schon 2008, als die deutsche Version noch nicht gelauncht war. Im Anfang war es besonders das Interesse an Kontakt mit alten Kollegen, weil ich auswärts arbeitete. Dann wurde daraus immer mehr auch ein berufliches Angebot und schließlich ein täglicher Begleiter mit vielfältigen Funktionen: Kommunikation, Newsfeed, Unterhaltung …

Nach immer massiveren Veränderungen des Streams hin zu einem durch Werbung durchsetzten nicht durchschaubaren Newsfeed, habe ich im Anfang immer noch stur auf „Neuste Meldungen“ umgeschaltet, obwohl Facebook selbst alles tut, um das zu verhindern. Liegt wahrscheinlich an meiner Sozialisation – ich mag es nicht, wenn man mir vorschreibt, was ich gucken soll. Aber auch dieser Feed wurde immer undurchschaubarer und damit mein Interesse immer geringer. Jetzt nutze ich es selbst noch als Verteiler von eigenen – meist beruflichen – Neuigkeiten und ansonsten – genau …

Der Facebook Marketplace als Unterhaltung

Da ist noch nicht alles überflutet durch Werbung. Sprich, ich kann munter Stratocasters scrollen und mich wundern, wie günstig so ein edles Teil schon zu haben ist und mir ne Menge zuweilen schöner Bilder angucken. Sprich, Unterhaltung pur. Auch scheint hier noch der Feed so zu funktionieren, dass das neuste oben angezeigt wird – zuweilen. Aber es nervt schon, dass man zwischendurch in andere Teile des Marketplace weitergeleitet wird. Und diese ganze Verkauferei ist zur Zeit kostenlos. Und das mit dem zur Zeit ist eine Vermutung: Bisher haben wir gelernt, wie die Maschine aus Kalifornien funktioniert: Mit Reichweite schafft man durch einen neuen Service Begehrlichkeiten. Sind die mal angenommen, wird  einem unmissverständlich erklärt, dass man als Nutzer dieses Service auf diese Reichweite am besten durch bezahlte Werbung zugreifen kann. Siehe Fanpages, die kaum noch in Streams angezeigt werden, wenn man nicht eine Anzeige schaltet. Und so wird es – nehmt mich beim Wort – auch mit dem Marketplace passieren.

Der Facebook Marketplace als Ebay Killer

Das schlimme ist eigentlich die Faulheit der Nutzer. Auch wenn der Wechsel von einer Plattform zu anderen faktisch eine Sekundensache ist, so nutzen wir doch gern alles auf einer Plattform. Deswegen hat z.B. eine Plattform wie Foursquare irgendwann die Segel streichen müssen, weil Facebook schlicht und einfach diesen beliebten Service gleich mit angeboten hat. Und das gleiche Ziel hat der Facebook Marketplace: Ebay ist eine äußerst beliebte Plattform, um sein altes Zeugs los zu werden. Da muss man Verkaufsgebühren bezahlen. Insofern – beim Facebook Marketplace muss man noch nicht mal die Plattform wechseln und kann den gleichen Service kostenfrei nutzen. Und ich mach jetzt nicht den Diskussionssack auf, in dem die Datensammelei eingepackt ist …

So, und was wird passieren? Wegen unheimlicher Reichweiten wird der Facebook Marketplace immer beliebter, Ebay wird immer größere Probleme bekommen und in drei, vier Jahren werden wir uns fragen: Ebay – stimmt, was ist damit eigentlich … Wenn wir nicht mal aufwachen!

Der Facebook Marketplace – ein weiterer Schritt hin zur Vereinheitlichung

Die Frage ist doch: Wollen wir das? Von drei, vier Unternehmen unser Verhalten bestimmt bekommen? Und auch, wenn ich wie ein alter Grantler wirken mag, es ist erschreckend, wie viel Vielfalt seit 2010 den Bach runter gegangen ist. Jede neue Idee im Online Geschäft wird binnen Jahresfrist von den großen Vier eingemeindet. Der Kunde liebt die Annehmlichkeit, sich nicht kümmern zu müssen und …

Zurück zu meiner Sozialisation: Ich mag es nicht, wenn ich reguliert werde. Ich stelle aber in letzter Zeit immer häufiger fest, dass ich mir eine stärkere Regulierung – wie zum Beispiel im aktuellen Fall Bundeskartellamt gegen Amazon – durch die Politik wünsche. Insofern habe ich durchaus eine differenzierte Meinung zur DSGVO und begrüße zumindest die Initiative.

Und was hat das mit dem Facebook Marketplace zu tun?

Ich finde es schlimm, wenn die Marktvielfalt gerade im Netz, das mal gestartet ist mit dem Versprechen der unbegrenzten Vielfalt, immer mehr den Bach runter geht. Ich habe leider gerade nichts zu verkaufen, sonst würde ich es direkt auf Ebay stellen und mit Freuden meine Verkaufsgebühr bezahlen – einfach weil es noch ein unabhängiges Unternehmen ist. Und zusätzlich werde ich sofort eine Anzeige auf Ebay Kleinanzeigen aufgeben – einfach, um die Vielfalt zu unterstützen.

Und dann noch eine Bitte: Das nächste Mal, wenn Ihr zufällig auf einer Veranstaltung seid, auf der Marc Zuckerberg wieder mal die Geschichte erzählt, dass er doch nur die Welt zu einem besseren Ort machen will, lacht bitte laut und gehässig. Diese Nummer hat nämlich System – und der Beweggrund dahinter ist nicht Philanthropie, sondern schnöder Mammon und Machtgeilheit.

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